Wenn man Seidenraupen mit Methylenblau füttert, wird die Seide rosa
Auch damals machten Biologe lustige und seltsame Experimente
Biologen haben einen schrägen Humor und machen gerne einmal lustige und schräge Experimente wie tote Maisen auf den UV-Tisch, um festzustellen, dass das Gefieder der Männchen stärker leuchtet. Das hat einen richtigen Trend losgetreten Gefieder und Fell von Tieren unter UV-Licht zu betrachten und festzustellen, dass ganz viele im UV Licht leuchten.
Heutzutage verleiht man derlei Experimente schon mal den IG-Nobelpreis1, einem wissenschaftlich satirischen Preis, welcher für witzige aber eher fragwürdige Experimente in diversen Kategorien verliehen wird.
In Biologie gab es Preise für den Nachweis, dass Boquila trifoliolata die Blätter einer künstlichen Plastikwirtspflanze nachahmt2, was ich persönlich faszinierend finde und gar kein seltsames Paper anders als “Salmonellenausscheidung von Schweinen auf Vergnügungsfahrt”.3
2004 gab es den IG-Nobelpreis für “Fordyce Ely und William Petersen wurden beide posthum ausgezeichnet, weil sie wiederholt Papiertüten neben einer Katze explodieren ließen, die auf dem Rücken einer Kuh stand, und dabei feststellten, dass die Kuh dadurch weniger Milch produzierte.”4 5 Das waren Versuche aus dem Jahr 1939.
1901 verfütterte man Neutralrot, Methylenblau und Pikrinsäure an Seidenraupen und Farbechte Seide zu erzeugen.
Das Verfahren hat sich NICHT durchgesetzt. Keine Ahnung woran das liegen könnte :-)
Eigentlich auch ein Fall für einen posthumen IG-Nobepreis.
6 Neue Freie Presse, 19. Februar 1903, S. 17
“Mitte Juni 1901 begannen die Versuche mit jungen Tieren einer wilden Raupenart (attacus orizaba) und dem Maulbeerspinner (bombyx mori). Dreißig Raupen der ersteren Art wurden auf Weidenzweige gewebt, einige davon auf mit neutralem Roth, andere auf mit Methylenblau getränkte Blätter. Die mit geröteten Blättern gefütterten Raupen, die übrigens die Nahrung ohne Widerstreben zu sich nahmen, färbten sich sofort in ein schönes Rot, und als man später aus den Larven die gewaschenen roten Kokons erzielte, zeigte sich in der Filande der Seidenfaden hübsch rosa gefärbt. Einige Raupen wurden übrigens erst im rechten Stadium ihres Alters mit geröteten Blättern gefüttert. Der Erfolg war derselbe wie, bei den während ihrer ganzen Lebenszeit mit gefärbten Blättern gefütterten Würmern, der Kokon war Dunkelrot, der Seidenfaden rosa. Dieses letztere Ergebnis ist von Bedeutung für die etwaige praktische Ausnützung des Experiments schon in dieser seiner Anfangs-Etappe. Den anderen Raupen der wilden Art schienen die mit Methylenblau getränkten Blätter weniger zu munden. Sie blieben in der Entwicklung etwas zurück, aber ihre Kokons waren blau, die daraus gewonnene Seide bläulich. Unnötig zu sagen, dass diese Färbung der Rohseide waschecht ist. Mit säurehaltigen Farben wurden wohl feine bunten Kokons, wohl aber derartig rein-weiße erzielt, dass auch mit einer solchen Farbenfütterung, das Problem gelöst wäre, wirklich reine, weiße Seide gleich aus den Kokons zu gewinnen.“
7 Kremser Volksblatt, Juli-Dezember 1903, S. 187
“Zu der Seide gefärbt. Versuche von großem wissenschaftlichen Interesse werden zur Zeit von südfranzösischen Seidenproduzenten angestellt. Es handelt sich darum, von der Seidenraupe bereits natürlich gefärbte Seidenkokons zu erzielen. Bei einem ersten Versuche wurden die Blätter der Maulbeerbäume mit einem giftfreien Neutralrot, Methylenblau und Pikrinsäure behandelt. Die Seidenraupen haben die so behandelten Blätter bereitwillig gefressen und die von ihnen erzeugte Seide zeigte dementsprechend auch zart rote oder zart blaue Farbe, während die mit Pikinsäure behandelten Blätter bei den Raupen eine weiße oder orangefarbene Seide ergab.”
Ig-Nobelpreis – Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ig-Nobelpreis
White J, Yamashita F. Boquila trifoliolata mimics leaves of an artificial plastic host plant. Plant Signal Behav. 2022 Dec 31;17(1):1977530. doi: 10.1080/15592324.2021.1977530. Epub 2021 Sep 21. PMID: 34545774; PMCID: PMC8903786. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34545774/
Williams LP Jr, Newell KW. Salmonella excretion in joy-riding pigs. Am J Public Health Nations Health. 1970 May;60(5):926-9. doi: 10.2105/ajph.60.5.926. PMID: 5462567; PMCID: PMC1348911. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/5462567/
List of Ig Nobel Prize winners - Wikipedia https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_Ig_Nobel_Prize_winners#2024
Fordyce, E., & Petersen, W. E. (1939). Factors involved in the ejection of milk. Journal of Animal Science, 1939(1), 80. https://doi.org/10.1093/ansci/1939.1.80
"In Biologie gab es Preise für den Nachweis, dass Boquila trifoliolata die Blätter einer künstlichen Plastikwirtspflanze nachahmt, was ich persönlich faszinierend finde und gar kein seltsames Paper .." Es ist in der Tat ein sehr bemerkenswertes Paper. Das beobachtete Verhalten weist auf ein grundlegendes Problem hin: Die Pflanze muss nämlich a) wissen, welche Form sie erreichen möchte, b) erfassen, wie das aussieht, was sie bisher produziert hat, und c) daraufhin entscheiden, was sie tun muss, um letztlich das „Zielblatt“ zu kopieren.
Das alles sind klassische Fragestellungen der Regelungstechnik, die nicht nur eine komplexe „Wahrnehmung“ im Sinne einer Messung der Form erfordern, sondern auch voraussetzen, dass die Pflanze ein abstraktes Ziel verfolgt, also eine Vorstellung davon hat, welche Form sie erzeugen will. Ganz abgesehen davon, dass die dafür notwendigen Berechnungen mindestens auf Maturaniveau liegen und eine komplexe Datenverarbeitung (Berechnungen, Datenspeicherungen, etc.) voraussetzen.
Wie man es auch dreht und wendet: Die Pflanze tut hier etwas, das sie unserem derzeitigen Verständnis nach gar nicht können dürfte. Doch dieses Problem begegnet uns in der gesamten Biologie immer wieder: Wie entsteht die Form eines Organismus aus einer einzigen Zelle? Wie bauen Termiten ihre komplexen Bauten? Wie entwickelt sich die Grundstruktur eines Gehirns, das später lernfähig ist? Die Antwort, die ich dann immer wieder höre, "Das ist doch klar, das steht in den Genen". Aber warum hat dann die Medizin keine Idee, wie man ein funktionsfähiges Herz einfach aus Stammzellen nachwachsen lassen könnte, wenn das alles ohnehin in den Genen steht?
Maisen? Maiskolben oder (Kohl-, ....) Meisen