Kardiomyopathien bei italienischen Kindern und Jugendlichen - Ein Vergleich zur groben Einschätzung 2009-2019 vs. 2022-2024
Gastbeitrag von Engelbert Paschek
Da ich keine Ahnung von Studien und Zahlen habe, hatte ich zwei Paper vorgestellt, falls jemand Interesse daran hat, sich diese näher anzuschauen.
Engelbert Paschek hat das gemacht, hat aber (bisher) keinen eigenen Substack, daher hat er mir seine Analyse geschickt.
Vorab möchte ich erwähnen, dass es sich bei meinem Text um keine endgültige Analyse, sondern um eine grobe Überschlagsrechnung handelt.
Im September 2024 wurde eine mit nationalen Mitteln vom italienischen Gesundheitsministerium und von einer Stiftung unterstütze Studie zur Untersuchung von Kindern und Jugendlichen mit Kardiomyopathien (KMP) veröffentlicht (Tranchita et al.).
In der Literatur wird für die jährliche Inzidenz von KMP bei Kindern und Jugendlichen häufig ein Wert von <1-2 pro 100,000 angegeben (<0.001%-0.002%). Diese niedrige Zahl liegt vermutlich daran, dass in vielen Ländern keine obligatorischen Tests von Kindern und Jugendlichen auf Herzprobleme durchgeführt werden und viele Fälle daher unentdeckt bleiben.
Gerade bei dieser Fragestellung ist es jedoch wichtig, sich weder auf die Inzidenz noch auf die Prävalenz zu fokussieren, sondern die tatsächlich diagnostizierten Fälle zu betrachten.
Italien eignet sich gut für eine solche Untersuchung, da es eines der wenigen Länder ist, in welchem Kinder, welche an organisierten Sportaktivitäten teilnehmen wollen, eine kardiologische Untersuchung benötigen. Daher gibt es auch eine sehr breite Datenbasis, und die diagnostizierten Fallzahlen von kardiologischen Indikationen liegen höher als in anderen Ländern ohne obligatorischen Test, in welchen asymptomatische oder mit unspezifischer Symptomatik verlaufende Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Kindern oft nicht erkannt werden.
Sarto et al. berichten über die kardiovaskulären Diagnosen bei mehr als 20 000 Kindern und Jugendlichen zwischen 7 und 18 Jahren über einen Zeitraum von 11 Jahren (2009 - 2019); dabei wurden 403 Probanden mit einer entsprechenden Diagnose entdeckt (1.8%), wovon lediglich 15 (0.07%) KMP waren.
Beide Studien kommen aus Italien, die Kohorten der beiden Studien sind dabei ziemlich ähnlich, d.h. ein Vergleich zur groben Einschätzung bietet sich an, wohlwissend, dass für eine genauere Analyse mehr Informationen nützlich wären.
Während Sarto et al. alle kardiovaskulären Probleme unter die Lupe nehmen, betrachten Tranchita et al. lediglich KMP. Daher ist bei dieser Indikation ein direkter Vergleich möglich
(s. Tabelle):
Wäre bei Tranchita et al. aufgrund der historischen Datenlage weniger als ein Proband mit KMP zu erwarten gewesen (581 x 0.023% x 18/12 = 0.20), so lag die tatsächlich diagnostizierte Zahl von 8 um ein Vielfaches über dem zu erwartenden Ergebnis.
Auch wenn die Studienpopulation insgesamt recht klein ist, fehlt mir eine Erklärung der Autoren, weshalb diesem statistisch hochsignifikanten Ergebnis der Studie (p<0.01) nicht mehr Beachtung geschenkt wurde. Das dürfte daran liegen, dass die Autoren nur die Auswirkungen von T-Wellen-Inversionen untersucht haben und das o.g. Ergebnis nicht das gesuchte Resultat der Fragestellung war.
Zwei Punkte sind zu erwähnen: Während bei Sarto et al. 62% der Probanden männlich waren, waren es bei Tranchita et al. 79%. Die Indikation tritt insgesamt deutlich häufiger bei männlichen Kindern und Jugendlichen auf (Tranchita et al., Tabelle 2), so dass zumindest dieser Punkt nicht unerwähnt bleiben sollte. Darüber hinaus waren die Probanden in der neueren Studie im Durchschnitt etwas jünger. Beides ändert aber nichts Bedeutendes am Gesamtergebnis, sondern stellt nur eine kleine Limitierung dar.
Zusatz:
Laut statista.com lag die „Impfquote“ gegen Corona in Italien am 24.09.2023 in der Altersgruppe 5-11 bei 35% und in der Altersgruppe 12-19 bei 84%. Wie häufig dabei jeweils geimpft wurde, lässt sich dieser Quelle nicht entnehmen, es heißt einfach nur „geimpft“.