Diese Rezension bezieht sich auf die rote Reclam Ausgabe
Der Liebhaber ist eine (fiktive?) Autobiographie der Autorin, die von ihrer Jugend in Französisch Indochina erzählt. Aus einer zerrütteten Familie stammend, mit einem Bruder der Spieler ist, einer Mutter die unnahbar ist und mit ihren Kindern nicht wirklich viel anfangen kann, verbringt Marguerite ihre Zeit in einem Internat. In den letzten Jahren legt sie sich dabei einen reichen, chinesischen Liebhaber zu, hat eine Todgeburt und ärger mit der Familie. In Zeitsprüngen in die Zukunft erfährt man auch, wie es im zweiten Weltkrieg in Frankreich weiter ging, da muss man sehr aufmerksam lesen, vor allem, wenn man das Buch im Original mit seinen B2 Französischkenntnissen liest.
Der Liebhaber von Marguerite Duras ist ein moderner Klassiker. Es ist schon verständlich, warum er in der roten Reihe von Reclam erschienen ist. Ich bezweifle aber, dass die Klassifizierung B2 korrekt ist. Es mag sein, dass das Buch von der Grammatik her B2 ist, aber ein Lernender ist darauf angewiesen Vokabeln aus dem Zusammenhang herauszufinden und das ist mit diesem Buch sehr schwer bis fast unmöglich. Zum einen, weil das Vokabular nicht wirklich alltagstauglich ist und wohl auch kaum jemals wieder im normalen Leben gebraucht werden wird. Zum anderen liegt die Schwierigkeit in der Erzählstruktur, die sprunghaft ist, zwischen Zeitebenen hüpft aus verschiedenen Zeitebenen retrospektiv erzählt und dann teilweise in philosophischen Stream of conciousness versickert und über den Tod sinniert. Dass ist schon anstrengend bis langweilig, wenn man nicht auch noch Vokabeln nachschlagen muss und das muss man. Es sind zwar viele Vokabeln am Ende der Seite angegeben, die reichen aber bei weitem nicht aus und wie erwähnt, aus dem Zusammenhang lassen sich die fehlenden Worte meist nicht wirklich erschließen.
Man sollte bei diesem Buch definitiv erst den erklärenden Anhang lesen, damit man ungefähr weiß, in welchem historischen Setting die Geschichte spielt und um was es so ungefähr geht.
Ein postmodernes Buch, kein Pageturner, nicht spannend, sprachlich anspruchsvoll und auch vom Plot her interessant konstruiert. Kann man mal gelesen haben, will man kein zweites Mal lesen und wenn man ein Buch sucht, um Französisch zu üben und sein Vokabular zu erweitern, wird man hier nicht sonderlich alltagstaugliche Vokabeln lernen, die man danach gleich wieder vergisst, weil es die Technik so nicht mehr gibt. Insgesamt ist das Buch eher zäh und ereignislos. Aber man kann sich schön zu Tode interpretieren, wann welches Ereignis tatsächlich war und wieviel wahr ist und was Fiktion.
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