Wives and daughters dürfte wohl, neben Cranford, Gaskells bekanntester und beliebtester Roman sein. Das Buch erzählt die Geschichte von Molly Gibson. Molly ist die einzige Tochter eines verwitweten Landarztes. Vater und Tochter kommen alleine wirklich prächtig klar, die perfekte Vater-Tochter Beziehung. Leider jedoch, werden kleine Mädchen irgendwann erwachsen und die Lehrlinge des Arztes beginnen Molly schöne Augen zu machen, und Liebesbriefe zu schreiben. Mr. Gibson erkennt, dass er etwas unternehmen muss. Er schickt Molly als Gesellschafterin zu einer seiner Patientinnen nach Hamley Hall. Die Hamleys haben zwar auch zwei Söhne, die sind aber auf der Uni und somit keine Gefahr. Außerdem hätte Mr. Hamley ohnehin ein Problem damit, wenn Osborne, sein Erbe, die Tochter eines einfachen Landarztes heiraten würde, er hat ganz andere Pläne für seinen Ältesten. Der jüngere Sohn Roger hingegen wird ohnehin nichts erben und kann somit keine Frau erhalten. Auch hier, keine Gefahr.
Während Molly also auf Hamley Hall residiert, denkt ihr Vater darüber nach, wieder zu heiraten. Er entscheidet sich für eine Witwe mit einer eigenen Tochter. Mrs. Clare war Gouvernante bei den Cumnors und vor langer Zeit rettete Mr. Gibson ihr das Leben.
Es kommt, wie es kommen muss. Wenn man heiratet, ohne sich vorher wirklich zu kennen, kommt es zu… Reibereien und erneut heiratet eine von Gaskells Protagonistinnen nur aus ökonomischen Gründen:
„I wonder if I am to go on all my life toiling and moiling for money? It's not natural. Marriage is the natural thing; then the husband has all that kind of dirty work to do, and his wife sits in the drawing-room like a lady."
Clare ist nur schöner Schein, ihr ist nur wichtig, wie es nach außen hin aussieht. Gefühle der beteiligten Personen sind ihr egal. Dementsprechend ist das Verhältnis zu ihrer eigenen Tochter Cynthia eher angespannt. Cynthia hat sich ihr Leben lang ungeliebt und vernachlässigt gefühlt. Wurde von einem Internat zum nächsten abgeschoben und hat dementsprechend auch Bindungsprobleme. Interessanterweise ist sich Cynthia dieses Problems bewusst.
So hatte sich Mr. Gibson sein neues, trautes Heim wahrlich nicht vorgestellt.
Wer Austens Sense and Sensibility mag, wird Wives and Daughters lieben. Erneut ein guter, intelligenter Mann, der eine schöne, aber dumme Frau heiratet, die mehr Unfrieden als Harmonie ins Haus bringt. Dafür sind wenigstens die beiden Töchter soweit vernünftig.
Cynthia und Molly werden beste Freundinnen, aber gegen Cynthia wirkt Molly wie ein langweiliges, blasses Schaf. Molly ist die little Miss Perfekt. Das perfekte viktorianische, brave, still vor sich hin leidende, immer hilfreiche, naive Töchterlein. Cynthia hingegen ist… ein moderner Teenager. Sie wechselt ihre Freunde in etwa so schnell, wie die heutigen Teenager, hat auch schon mal zwei Freunde/Verlobte parallel und zudem noch ein dunkles Geheimnis.
Natürlich gibt es in diesem Roman auch wahre Liebe und weitere dunkle Geheimnisse bedingt durch wahre Liebe. So viel Beziehungsdrama bei so kleiner Besetzung und das auch noch in einer Art, dass es glaubhaft ist, das ist schon eine hohe Kunst.
Leider verstarb die Autorin, bevor sie das letzte Kapitel beenden konnte. Es gibt nur Hinweise, wie es enden sollte.