My Lady Ludlow ist eine viktorianische Novella , die zunächst 1859 in Household Words erschien und dann noch einmal in Round the Sofa 1859 wiederverwertet wurde.
Lady Ludlow ist eine frame tale Erzählung in welcher Margaret Dawson über ihre Zeit als Gesellschafterin bei Lady Ludlow berichtet. Margaret Dawson ist die älteste von 9 Geschwistern und nach dem Tode ihres Vaters, nimmt Lady Ludlow, eine entfernte Cousine, sie bei sich auf, um sie auszubilden.
Mrs. Dawson erzählt, was während ihrer Zeit in Hanbury passierte und was Lady Ludlow ihr erzählte. So sind in diese Geschichte mehrere Geschichten eingebettet, die teilweise Erzählungen sind von Informationen, die jemand erzählte, was vom Aufbau her sehr interessant ist, da so mehrere Erzählperspektiven ineinander verschachtelt werden.
Da ist zum einen die Geschichte des jungen französischen Adligen, eines Kindheitsfreundes eines verstorbenen Sohnes von Lady Ludlow, der es schafft während der Französischen Revolution mit seiner Mutter aus Paris zu flüchten. Er kehrt jedoch zurück, um seine Cousine zu retten, die ihn verschmähte, er jedoch konnte sie nie vergessen. Eine rührende Schmonzette.
Des Weiteren wird viel über das Leben in Hanbury erzählt und nach und nach lernt man die verschiedenen Bewohner und ihre Eigenheiten kennen, wie Miss Galindo, die das uneheliche Kind ihrer einstigen großen und einzigen Liebe versorgt und bei sich aufnimmt, obwohl ihre Eltern ihr damals eine Heirat mit diesem Mann untersagten. Es wird erzählt, wie der Priester des Dorfes versucht, gegen Lady Ludlows Willen, eine Dorfschule zu errichten, und warum und wie Lady Ludlow das verhindert, denn
"education is a bad thing, if given indiscriminately. It unfits the lower orders for their duties, the duties to which they are called by God; of submission to those placed in authority over them; of contentment with that state of life to which it has pleased God to call them, and of ordering themselves lowly and reverently to all their betters. [...] character is not formed from books."
Nach und nach jedoch lernt auch Lady Ludlow dazu. Irgendwann gibt es eine Schule, irgendwann akzeptierte sie die junge Bessie, obwohl sie unehelich ist und eigentlich ignoriert werden sollte, weil sie kein Recht hat, überhaupt zu existieren. Irgendwann akzeptiert sie, dass ein Wilderer, wenn man ihm die Chance und die Möglichkeiten zu einem ehrlichen Leben gibt, ein guter Mensch ist und dass dessen Sohn durchaus eine Ausbildung verdient. Lady Ludlow lernt, langsam und mit großem Widerstand, dass nicht die Geburt und die Herkunft eines Menschen entscheidend sind.
Am Anfang, als Lady Ludlow noch in ihren extremen Standesdünkeln gefangen ist, und nur Bedienstete einstellt, die weder Lesen noch Schreiben können, um sicherzustellen, dass sie unterwürfig, servil und dankbar sind, geht sie einem gewaltig auf die Nerven. Ein widerlicher, adliger Parasit, der nie arbeiten musste, und sich anmaßt, über das Leben anderer zu bestimmen, nur aufgrund seiner adeligen Herkunft. Das ganze Dorf scheint das auch einfach so zu akzeptieren, und selbst Margaret Dawson ist nicht sonderlich angetan, dass nach dem Tode des letzten noch lebenden Kindes von Lady Ludlow, das ganze Dorf trauert, obwohl sie ihn gar nicht kannten und er nie irgendetwas für sie getan hat:
"but I was absolutely jealous for my father’s memory, when I saw how many signs of grief there were for my lord’s death, he having done next to nothing for the village and parish, which now changed, as it were, its daily course of life, because his lordship died in a far-off city. My father had spent the best years of his manhood in labouring hard, body and soul, for the people amongst whom he lived"
Nach und nach jedoch wird das Leben und das Dorf “moderner”, besonders nach dem Tode ihres letzten Sohnes, beginnt Lady Ludlow sich wirklich für die Bewohner des Dorfes zu interessieren, und versucht deren Leben zu verbessern. Sie ist keine schlechte Person, sie war einfach ihr Leben lang in Standesdünkel gefangen und der Meinung, manche Menschen wären eben gleicher als andere. Teilweise hat sie ja nicht ganz unrecht, wenn sie meint
"They have not got to inventing any contrivance for that yet, thank Heaven! It does not seem to me natural, nor according to Scripture, that iron and steel (whose brows can’t sweat) should be made to do man’s work. And so I say, all those trades where iron and steel do the work ordained to man at the Fall, are unlawful, and I never stand up for them.”
Die Geschichte erinnert ein wenig an Cranford. Ein Abgesang auf die „gute“ alte Zeit (zumindest aus Sicht der reichen Gutsbesitzer, den normalen Menschen ging es wahrlich nicht so gut) als der Adel noch regierte und für Ordnung sorgte. Langsam nehmen moderne Sichtweisen den Platz alter Traditionen ein und auch eine Lady Ludlow muss sich nach und nach den neuen Gegebenheiten anpassen und es akzeptieren, dass der Sohn eines Wilderers Schulmeister werden kann und ein Arzt durchaus eine uneheliche Tochter mit unbekannter Mutter ehelichen kann. Sie ist nicht blind für finanzielles Elend, dass die Menschen zwingt, zu wildern, nur um ihre Kinder zu ernähren und sie tut letztendlich, was sie kann, um deren Schicksal zu verbessern, geleitet durch die sanfte Hand von Mr. Horner, der sich nicht, wie die vorherigen Priester bevormunden und unterdrücken lässt.